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HSD / Erinnerungsort Alter Schlachthof
20.02.2017

Erste Bilanz – Ein Jahr Erinnerungsort Alter Schlachthof

Vor einem Jahr wurde der Erinnerungsort Alter Schlachthof auf dem Campus Derendorf der Hochschule Düsseldorf feierlich eröffnet. Eine Bilanz dieses Jahres zog Dr. Joachim Schröder, Beauftragter für den Erinnerungsort, mit Rebecca Juwick.

 

Herr Schröder, wie haben Sie die vergangenen zwölf Monate erlebt?

Zunächst waren wir sehr erleichtert, dass die Eröffnungsfeier im Februar 2016 so reibungslos ablief. Viele Kolleginnen, Kollegen und Studierende aus den unterschiedlichsten Bereichen der Hochschule, die an dem Projekt beteiligt waren, sind an ihre Grenzen gegangen. Die Unterstützung war großartig. Danach folgte eine sehr intensive Zeit mit interessanten Begegnungen. Viele Menschen haben den Erinnerungsort aufgesucht, um sich über diesen einmaligen historischen Ort und seine Geschichte zu informieren. Jeden Dienstag haben wir eine kostenlose öffentliche Führung angeboten. Wir hatten über 60 angemeldete Führungen, mit Studierenden und auswärtigen Besucher*innen, auch Holocaust-Überlebende oder ihre Nachkommen haben den Erinnerungsort besucht. Daneben haben wir weitere Biographien recherchiert, pädagogische Mappen erstellt und am Ausstellungskatalog gefeilt, der dieses Jahr erscheinen soll. Und wir haben zwei Veranstaltungsreihen („Erinnern heißt handeln“) organisiert, in denen wir uns mit aktuellen und historischen Themen rund um den historischen Ort auseinandersetzt haben.


 

Können Sie sich an ihre erste öffentliche Führung erinnern? Wie sahen die Reaktionen aus, wie war die Stimmung?

Die erste Führung fand am Tag der Eröffnung, am 18. Februar 2016, statt. Wir waren sehr gespannt, ob alles so funktioniert, wie wir uns das vorgestellt hatten. Die Reaktionen waren durchweg positiv und so war es ganz überwiegend auch bei den nachfolgenden Führungen. Gerade die vielen Portraitaufnahmen in der Ausstellung hinterlassen bei den Besucher*innen einen nachhaltigen Eindruck. Sie vermitteln besonders deutlich diesen Kontrast, diesen Abgrund zwischen dem Schlachthof und dem Leben, das die Menschen hier in der Region führten, bevor sie aus ihm jäh herausgerissen und wie Vieh verschleppt wurden. Auch der Viehabstieg, in Kombination mit den Zitaten der Überlebenden, und vor allem die Steintröge beeindrucken viele Besucher*innen. Es ist der Kontrast zwischen der schönen, restaurierten heutigen Halle und dem auf der Informationstafel vermittelten Wissen, was in dieser Halle passiert ist, der die Menschen bewegt. Hier wird die Geschichte für viele besonders spürbar.


 

Welche Begegnungen waren im letzten Jahr für Sie am eindrucksvollsten?

Das waren vor allem die Begegnungen mit den Holocaust-Überlebenden und ihren Nachkommen. Es sind für sie besonders schwierige Situationen und man kann nur erahnen, was ihnen durch den Kopf geht, wenn sie vor den Fotos ihrer Geschwister, Eltern oder Großeltern stehen. Alle waren sehr ergriffen und froh, dass es nun diesen Ort gibt, der an das Schicksal ihrer Angehörigen erinnert.
Im Mai 2016 waren z.B. die Enkelin und die Urenkelin von Hilde Sherman-Zander hier, die mehrfach in der Ausstellung zitiert wird. Sie leben heute in Florida. Sie standen vor der Hörstation und lauschten ihrer (Ur)Großmutter. Weitere Highlights waren der Besuch von Margot Goldberg am Tag des offenen Denkmals (September 2016) oder die Lesung mit der Journalistin und Buchautorin Randi Crott in der Bibliothek – also in der Halle, in der ihre Großmutter die letzte Nacht vor ihrer Deportation verbrachte.


 

Wie geht es 2017 weiter?

Wir arbeiten an verschiedenen Projekten. Natürlich organisieren wir weiterhin Veranstaltungen mit verschiedenen internen und externen Kooperationspartnern wie z. B. der Hochschulbibliothek, dem AStA, der Mahn- und Gedenkstätte, „Respekt & Mut“ oder dem ZAKK. Ab dem kommenden Wintersemester planen wir auch eine Fortsetzung der Reihe „Erinnern heißt Handeln“. Die öffentliche Führung wird weiterhin jeden Dienstag (18-19 Uhr) angeboten. Gruppen die eine Führung wünschen, können einen Termin mit uns vereinbaren. Im Frühjahr organisieren wir zwei Studienfahrten, eine nach Israel (ausgebucht) und eine nach Polen (noch wenige Plätze frei) mit verschiedenen Kooperationspartnern. Im Rahmen des ZWEK-Weiterbildungsprogramms wird im Wintersemester 2017/2018 ein Seminar zu den Themen des Erinnerungsortes angeboten – es steht allen interessierten Studierenden offen.
Last but not least: in den nächsten Wochen werden wir die Gedenktafel reaktivieren, die früher an der Rather Straße an der Schlachthofmauer angebracht war. Sie wird auf eine Stele montiert und ihren Platz am Campus-Eingang an der Münsterstraße finden – verbunden mit einem Hinweis auf den Erinnerungsort. So kann er dann von Besucher*innen noch besser gefunden werden.

Weitere Informationen zum Erinnerungsort finden Sie unter www.erinnerungsort-duesseldorf.de.​

 

Das hochschulradio 97.1 zog ebenfalls Bilanz zur Gedenkstätte auf dem Campus Derendorf. Ein Jahr Erinnerung - Interview von Maxmilian Rieger mit Dr. Joachim Schröder (Präsidiumsbeauftragter für die Gedenkstätte).

Margot Goldberg in der Dauerausstellung des Erinnerungsortes – neben den Portraits ihrer Eltern Arthur und Änne Cohen (mittlere Reihe), die im Oktober 1941 in das Ghetto Łódź deportiert wurden.
Margot Goldberg in der Dauerausstellung des Erinnerungsortes – neben den Portraits ihrer Eltern Arthur und Änne Cohen (mittlere Reihe), die im Oktober 1941 in das Ghetto Łódź deportiert wurden.
Der Präsidiumsbeauftragte für den Erinnerungsort, Dr. Joachim Schröder, führt durch die Ausstellung
Der Präsidiumsbeauftragte für den Erinnerungsort, Dr. Joachim Schröder, führt durch die Ausstellung.
Im Zeitzeugengespräch: Margot Goldberg. Auch das Publikum konnte anschließend Fragen stellen.
Im Zeitzeugengespräch: Margot Goldberg. Auch das Publikum konnte anschließend Fragen stellen.
„Wir wurden zu Fuß in den Schlachthof geführt ...“ – beeindruckende temporäre Installation der HSD-Studentin Miriam Hauschild
„Wir wurden zu Fuß in den Schlachthof geführt ...“ – beeindruckende temporäre Installation der HSD-Studentin Miriam Hauschild
Dr. med. Hedwig Jung-Danielewicz

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